DIRKS FANZINE MARATHON AUS DER #104 (Trust #190, (R)ohrpost #13, Mind The Gap #19/No Spirit #4 Split-Zine, Die Totale Verkommenheit Buch)
Zuerst muss ich dann wohl mal die Geißeln aus dem Keller holen und den beschwerlichen Gang nach Canossa respektive Solingen antreten. Kurz gesagt; ich habe in der letzten Ausgabe ziemlichen Mist gebaut. Wenn ich geschrieben habe, dass Joachim vom OX vorhatte gegen das Romp-Fanzine vorzugehen, weil dort die Veganrubrik ebenfalls “Kochen ohne Knochen” hieß, dann stimmt das natürlich nicht, ich habe mich einfach ein und zwei Mal verlesen und ein Wort in dem Falle übersehen (nämlich das “nicht”).
Ist mir wirklich peinlich und soll auch nie wieder vorkommen, warum das passiert ist, das könnte vielleicht ein Dr. Freud besser erklären, noch mal ein ganz dickes Sorry Joachim, hab die Sache auch bei allen Leuten, die mich darauf angesprochen haben nochmal richtig gestellt, bin schließlich nur ein Fanziner und kein Journalist. Damit sollte die Sache jetzt bitte auch erledigt sein, schade nur, dass ich noch nie soviel Resonanzen auf mein Geschreibsel bekommen habe, ihr dürft mich auch gerne mal ansprechen, wenn ich keinen Bockmist verzapfe.
Alles andere als schade ist, dass ich neulich endlich Mal den guten Mika Reckinnen persönlich kennenlernen konnte, halte ich ihn doch seit vielen Jahren für einen der fähigsten Köpfe in der immer kleiner werdenden Fanzinelandschaft. Man bildet sich ja beim Lesen immer ein Bild von dem jeweiligen Schreiber und mein mehr als positives von Mika wurde absolut bestätigt. Ich hoffe man sieht sich und hör bloß nicht so schnell mit dem ganzen Quatsch auf!
Den ganzen Quatsch irgendwie sein lassen kann zum Glück auch Turbotorben aus Ostfriesland nicht und so komme ich endlich in den Genuss der 13. Ausgabe der (R)OHRPOST. Hoffen wir, dass er aus der Talsohle raugekommen ist und noch mal neu angreift, denn diese Post ist wieder rundum gelungen. Interviewt werden Neurotic Existence, Brutale Gruppe 5000, Chaosfront, sowie Davide, der bei Born To Lose Tattoos den Leuten hochwertige Bilder auf die Haut tackert und dass ein Smalltalk mit Jan vom Proud to be Punk-Zine eben nicht small ausfällt dürfte sich von selbst erklären. Feuchtföhliche Geschichten aus dem Punkerleben erzählt uns Torben natürlich auch, in Ermangelung der großen Büdchendichte heißt das bei den Ostfriesen dann halt “Tanken und Wanken” und ist immer eine amüsante Angelegenheit. Nicht wirklich amüsant ist dann der Bericht über den Handel mit Sand, ich wußte gar nicht, dass man mit einem scheinbar so simplen Rohstoff noch so viel Asche machen kann. Ganz starkes Comeback, ich hoffe mal ganz stark, dass es nicht bei einer Eintagsfliege bleibt (Lard – Sidewinder).
Die etwas eingetrampelten Pfade des konventionellen Fanzines verlässt dann das SCHNAUZE #2 aus dem Bonner Raum. Musik spielt hier absolut die zweite Geige und ist eher der Soundtrack zu den Erlebnisberichten und Kurzgeschichten. Die durch die Bank sehr angenehme Schreibe reicht von nachdenklich bis selbstbewußt großmäulig ohne arrogant daher zu kommen, alte Bönnsche Schule eben, vor allem beim Ruhrpott Rodeobericht musste ich mehr als einmal breit grinsen. Wirkte die erste Ausgabe noch ein wenig unausgereift, so weiß mich dieses Heft wirklich zu packen, kleine Abstriche gibts lediglich beim etwas stellenweise Layout, manche Zeichnungen sehen aus wie Kunst Grundkurs 11. Klasse, aber das ist Jammern auf höchsten Niveau. Da will ich nen dicken Nachschlag von, aber zackig ( P.A.I.N. – Grow more weed)!
So, jetzt darf ich mir wieder was gescheites zum TRUST #190 aus den Fingern saugen, ohne die Wiederholung der Wiederholung zu bemühen und merke dabei, dass dies meine bescheidenen Fähigkeiten doch übersteigt. Das nächst Review sollte ich mal in eine Excel-Tabelle packen, aber das würde ich wohl ebenso wenig hin bekommen. Muss ich dann wohl doch ganz konventionell an die Sache gehen, Kolumnen loben, interviewte Bands aufzählen und am Ende ein Fazit finden, aarrgghhh. Zum Plauderstündchen werden dann Joseph Boys, Phantom Winter, Hank Wood, Fairy Lights und Refuse Records gebeten und bis auf die Düsseldorfer Kunstpunker kannte ich keine der Combos und glaube auch nicht, dass sich das ändern wird, das hat aber nichts mit der Qualität der Interviews zu tun, z.B. Hank Wood geben einfach dämliche, unlustige Antworten, da kann der Frageonkel dann halt nichts machen, der Rest ist durchaus im grünen Bereich, hätte aber im Falle Fairy Lights durchaus was ausführlicher sein können. Einen kurzen Rückblick auf das Wirken Martin Büssers gibt es noch als Zugabe und führt mir mein Problem mit seinem Werk wieder mal deutlich vor Augen; Sicher war er ein sehr kluger Kopf, aber für mich ist er an die Materie Musik einfach viel zu verkopft herangegangen, aber was solls, war nen Guten, genau wie das Trust (Butthole Surfers – I saw a x-ray girl…).
Angenehm überrascht bin ich immer, wenn ich etwas komplett unerwartetes in den Händen halte, wie in diesem Falle ein Splitzine aus den Häusern MIND THE GAP und NO SPIRIT. Außer ihere hanseatischen Herkunft sah ich nicht viele Verbindungen zwischen den beiden Heften, deshalb gefällt mir die Idee umso besser etwas zusammen zu bringen, von dem ich vorher nicht unbedingt geglaubt hätte, dass es kompatibel ist, Respekt, am Ende schließlich ist doch alles Punk! Highlight sind dann auch diegegenseizigen Interviews, die meine vorangestellte These untermauern, ansonsten finde ich im MTG-Teil gerade die Bandseiten (Krawehl, Sick Hyenas) ein wenig schmalbrüstig und auch das No Spirit-Gespräch mit Boston Curtis hätte schon was ausführlicher sein können. Der Smash Rape-Artikel bringt für jeden halbwegs denkenden Menschen keine neuen Erkenntnise, ist aber leider immer noch wichtig und richtig. So löblich ich diese Kooperation finde, irgendwie habe ich das Gefühl, dass in diesem Splitzine die B-Ware gelandet ist, die es nicht in die reguläre Ausgabe geschafft haben, aber Hauptsache es werden hier Grenzen durchbrochen, da zählt erstmal der Wille, weiter so und weg mit den Scheuklappen (Subhumans – Work-rest-pay-die).
Kein wirkliches Fanzine ist das neueste Elaborat aus Roland Adelmanns Kaderschmiede der Gossenliteratur, Rodneys Underground Press. DIE TOTALE VERKOMMENHEIT heißt das Büchlein und wurde von Jenz Dieckmann, seines Zeichens Herausgeber des Artscum-Zines geschrieben. Das den Leser jetzt keine Lyrk im Stile eines Eichendorffs oder Rilke um die Ohren gehauen wird dürfte klar sein, hier haben die Genossen Scheiße und Sperma das Zepter ganz fest in der Hand, flankiert von den Musen Selbstzerstörung und Selbstmitleid. Wäre es eines der ersten Bücher in dieser Richtung, die ich lesen würde, würde mir dieser Nihilismus allerdings wesentlich besser reinlaufen, doch hab ich schon zu oft in diesem Kloakenkosmos gewühlt. Versteht mich nicht falsch,die Texte sind gut und schreiben kann Jenz auch mehr als manierlich, wer noch nicht übersättigt ist kann bedenkenlos zugreifen, vielleicht liegts auch am genialen Wetter draußen, ich bin grad nicht in Stimmung, sorry (G.B.H. – Sick Boy). Bis zum nächsten Mal, Dirk