Peppi von CAVA im Interview
Mit Peppi und ihrem Garage Duo CAVA ist für mich endlich mal wieder ein ganz wesentlicher Teil Punk im Sinne von „Einfach Machen!“ zurück gekommen. Musikalisch wie auch menschlich absolut überzeugend – viel DIY, viel Emotion und viel frischer Wind in der FLINTA* Punk Szene – endlich! Kleiner Tipp von mir: Hier könnt ihr euch das Live Stream Konzert von CAVA im Bandhaus Leipzig nochmal ansehen. Have Fun und nun: Das Interview.
Hallo Peppi, schön, dass du Zeit hast, du machst mit deiner Band CAVA ziemlich geilen Punk. Seit wann gibt es euch und wie seid ihr zusammen gekommen? Hast du vorher schon woanders Musik gemacht?
Hallo liebe Chrissi! Schön, dass ich „hier“ sein darf. 😉
Uns gibt es jetzt seit ein bisschen mehr als einem Jahr, wir haben uns zwar schon vor Corona kennengelernt, aber erst als es dann mit dem ersten Lockdown losging angefangen regelmäßig im Proberaum zu spielen. Wir haben uns tatsächlich über Instagram gefunden und dann ziemlich schnell gemerkt, dass es passt. Zu der Zeit haben wir sogar in der gleichen Straße gewohnt (und kannten uns nicht – verrückt oder?). Vorher habe ich mit meiner ersten Band The Tapers schon Musik gemacht und hab es auch nie als Problem empfunden, dass ich die einzige Frau war – trotzdem hat es mich dann irgendwann gereizt eine Grrrlband zu gründen.
Klingt gut! Die Welt ist klein. Wie würdest du deine musikalische Sozialisation beschreiben?
Ich bin tatsächlich erst relativ spät zu der Musik gelangt, die mich heute begeistert. Eigentlich komme ich aus der Klassik – ich habe 13 Jahre lang Konzertgitarre gespielt. Mit 16, als das natürlich schon total uncool war, hab ich meine erste E-Gitarre zum Geburtstag bekommen und dank meiner Freund*innen angefangen mich mehr für Rock und Punk zu interessieren. Nach meinem Abi hab ich dann angefangen Musikwissenschaften zu studieren, weil ich auf jeden Fall irgendwas mit Musik machen wollte. Vor drei, vier Jahren ungefähr hab ich dann die tollen Menschen vom Bruno ist Dagegen Kollektiv kennengelernt, die mich seither auf jeden Fall auch krass geprägt, inspiriert und unterstützt haben!
Und hast du noch andere Vorbilder, an denen du dich orientierst oder die dich inspiriert haben?
Ich war eigentlich nie ein richtig großer „Fan“ irgendeiner Band, bis ich Ty Segall entdeckt habe. Ich hab mich lange schwergetan damit, die Musik, die ich mache für gut zu befinden, weil sie immer ein bisschen zu wenig punkig oder ein bisschen zu sehr Indierock war, bis ich Segall entdeckt habe. Begeistert hat mich vor allem, dass seine Musik so extrem vielseitig ist und musikalisch die verschiedensten Genres abdeckt. Das hat irgendwie dafür gesorgt, dass ich mir heute generell viel weniger Gedanken darüber mache, wie meine und unsere Musik wahrgenommen wird und das es mir wichtiger ist, dass das, was ich mache eben wirklich von mir kommt.
Ansonsten inspirieren mich Größen wie Kim Gordon und PJ Harvey, aber auch die unglaublich vielen tollen Frauen, die in meinem direkten Umfeld aktiv sind und Musik machen! Die Bananas of Death, Riot Spears, die Divas, Chlor und so viele andere.
Schreibst du die Texte für eure Musik und um was geht es thematisch? Was ist dir und euch wichtig?
Die meisten Texte schreibe (noch) ich. Uns ist es wichtig, dass die Texte in irgend einer Weise aus unserem eigenen Leben stammen. Wir haben wenig abstrakte Inhalte und lassen uns eher von alltäglichen Situationen inspirieren. Dazu zählen halt auch immer wieder sexistische oder anders diskriminierende Situationen – nichts desto trotz schreiben wir nicht unbedingt absichtlich politische Texte. Uns ist es wichtig, dass wir bei all dem Ernst der Themen trotzdem Spaß haben können und wir uns auch selber nicht zu ernst nehmen, daher finden auch Insider-Witze immer wieder Einzug in die Songs. Ganz allgemein geht es ums Leben und Sterben, um Freund*innenschaft und Feierei (inklusive ganz viel Cava natürlich!).
Was denkst du sind die Gründe dafür, dass auf den Bühnen immer noch mehr Männer als FLINTA* zu sehen sind?
Die Gründe sind vielseitig, aber wir kennen sie mittlerweile alle. Frauen wurden lange Zeit nicht so darin bestärkt, dass sie schon irgendwie was reißen können, wenn sie sich eine Gitarre und ein Amp zulegen (und werden es immer noch nicht), Männerbands empfehlen halt ihre Kumpels für noch offene Slots und Booker buchen Typen, da die halt „bekannter sind“(Ja, aber wer und was macht Bands denn bekannt? Komisch, komisch…). Zum Glück gibt es viele Gruppen und Kollektive, die das Ganze ordentlich ins Wanken bringen und sich lautstark über die Zustände beschweren, wie z.B. das GRRRL-Noisy Kollektiv. Nun bin ich zwar noch relativ jung und nicht so lange mit dabei, aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass sich in der Szene etwas ändert. Gut möglich allerdings, dass das auch ein bisschen an der linken Berliner „Bubble“ liegt, in der ich mich viel bewege.
Hast du als Musiker*in schonmal negative Erfahrungen mit Sexismus oder Benachteiligung gemacht oder hat dir mal jemand versucht zu erklären, wie du Gitarre spielen sollst?
Das wahrscheinlich einschneidendste Erlebnis war für mich eins an dem keine konkreten Personen beteiligt sind. Ursprünglich hab ich eher Singer/Songwriter-Zeugs gemacht und viel gesungen. Ich fand es in der Band anfangs ziemlich schwer „schön“ zu singen, vor allem weil ich permanent unzufrieden mit meiner Stimme war. Ich kann relativ tief singen und hab das auch gemacht, aber irgendwas war falsch. Wenn ich Musik gehört habe, habe ich mir ständig gewünscht, dass ich ein Typ wäre, weil die Männer, die singen, in meinen Ohren einfach viel besser klangen und die Stimmen besser zu der Musik gepasst haben, die ich auch machen wollte. Bis dann irgendwann *die Erleuchtung* kam und mir klar wurde, dass das einzig und allein daran liegt, dass ich kaum weibliche Vorbilder hatte und kaum Musikerinnen* gehört habe, die die Musik machen, die ich gut finde. Das hat sich mit dieser Einsicht zum Glück sehr geändert, aber manchmal mache ich mir immer noch krasse Gedanken über meinen Gesang und über meine weiblich klingende Stimme.
Bezeichnest du dich als Feminist*in und wenn ja, was bedeutet das für dich?
Aber auf jeden Fall! Ich hab mich schon früh für Feminismus interessiert, aber habe lange Zeit keine Verbindung zur Musikszene gesehen. Feminismus bedeutet für mich, sich im ersten Schritt stark zu machen für gleiche Rechte für alle Menschen und Geschlechter und im zweiten vielleicht (hoffentlich) eines Tages die Überwindung von Geschlechterrollen und -stereotypen.
Ich habe mir in der Vergangenheit viele Gedanken gemacht, ob es jetzt feministisch ist – oder überhaupt sein muss (ist das unserer Anspruch an uns selbst?) – wenn wir als Frauen auf der Bühne stehen. Aber letzten Endes ist die Antwort auf diese Frage für mich nicht so wichtig. Politisch engagiere ich mich auch außerhalb der Musikszene und Musik mache ich hauptsächlich, weil sie mir hilft mich mit Problemen auf eine andere Art und Weise auseinanderzusetzen, sie dient als Ventil und macht mich oft einfach glücklich.
Wir haben immer noch Corona – was hast du mit CAVA geplant, wenn es irgendwann wieder richtig losgehen sollte?
Anfangs dachten wir, dass Corona eigentlich ganz gelegen kommt: wir mussten uns erstmal alle Songs erarbeiten und dann aufnehmen. Aber langsam nervt’s, da geht es uns nicht anders als allen anderen. Was soll’s – wir nutzen die Zeit weiter und wollen bald unser erstes Album aufnehmen. Und danach hoffentlich dann endlich mal ne richtige Tour machen. Nächstes Jahr spielen wir hoffentlich auf ein paar Festivals. Und auch dieses Jahr konnten wir immerhin ein paar Gigs (draußen) organisieren. Darüber sind wir schon mega froh!
Einmal selbst ein Lineup zusammenstellen – wer würde auf deiner Festival Bühne stehen?
Das ist ja eine fiese Frage! Aber gut, hier ganz ohne weiteren Kommentar eine Reihe unglaublich guter Bands!
Ty Segall – Predator – Banana of Death – Suspectre – Rats Run Riot – Data Control – Riot Spears – PJ Harvey – Chlor – 24/7 Diva Heaven – The Nerves – Headcheese – Leopard – Gee Tee – Mini Skirt – Amyl and the Sniffers – Angels – Baumarkt – Smirk – Fotokiller
… (oh, ich könnte ewig weitermachen!)
Cooles Lineup, ich würde auf jeden Fall kommen! Dann zur letzten Frage: Gibt es besondere Projekte, Bands, Labels, Kollektive oder sonst irgendwas, was du unseren Leser*innen empfehlen kannst? Willst du noch etwas loswerden, was bisher nicht zur Sprache kam?
Unser Kollektiv (Bruno ist Dagegen) arbeitet gerade an einem zweiten Bandcamp Soli-Sampler. Der erscheint voraussichtlich im September und alle Einnahmen spenden wir für einen guten Zweck. Die Musikauswahl wird bunt und unheimlich gut, es lohnt sich also das aufm Kieker zu behalten. Ach, und ein neue Platte kommt jetzt auch endlich raus – mit dabei ist auch CAVA! 😉
Ansonsten danke für das Interview, Chriss, und bis bald! 🙂
Danke dir auch und habt eine gute Zeit!