Gulag Beach – Sarrazin Diät 7“ + mp3
Gulag Beach aus Berlin sind ursprünglich als konspiratives Halbspaßprojekt mit der Erzählung aufgetreten, sie seien Nordkoreas einzige Punkband und wären erfolgreich aus Kims Reich geflüchtet. Dankenswerterweise haben Sie erkannt, dass sich dieser durchaus originelle Spaß nicht länger als eine Platte weiterkochen lässt und dies Rolle im Gegensatz zu anderen Punkrock-Tingeltangelshow dankenswerterweise inzwischen At Acta gelegt.
Den vier Berlinern hat es nicht geschadet. Sie funktionieren auch ohne fiktive Biographie gut. Vier Alben haben sie seit 2014 bereits rausgebracht. 2020 war es zur Abwechslung mal eine Single namens „Sarrazin Diät.“ Die Älteren (und das sind bei Plastic Bomb ja die meisten), werden sich an den ehemaligen Berliner SPD-Finanzsenator erinnern, der vor einiger Zeit noch vorgerechnet hat, dass der durchschnittliche Hartzer ja königlich von seinem großzügigen Regelsatz speisen können. Tragischerweise war das rückblickend noch eine seiner menschenfreundlichsten Aussagen.
In besagtem Titeltrack geht es um die Perspektivlosigkeit und Frustration, die eben jenes Leben von Hartz IV mit sich bringen kann. Ex-Linke Neocons bekommen auch noch ihr Fett weg („die BAHAMAS les’ ich jedoch noch immer nicht“). Auch sonst werden die Themen abgearbeitet, die nie alt werden: Faschistische Morde, Liebe und Bullenterror. Die anfängliche Nordkorea-Thematik ist endgültig weg.
Musikalisch kommt das ganze schön Retro daher. Lofi Garage-Punk mit Hardcore-Einschlag kalifornischer Prägung. Damit kann man eigentlich nix falsch machen. Machen Gulag Beach hier auch nicht. Allerdings sind die vier Songs jedoch alle recht unterschiedlich. Von melodisch („Copoccupation“) über deutschpunkig („Sarrazin Diät“, meines Wissens nach der erste deutschsprachige Gulag Beach-Song) über melancholisch („Song about love“) bis wütend („After the Turnaround“) sind alle vier Songs recht unterschiedlich. Wer weiß, vielleicht sucht die Band gerade eine neue Stilrichtung für das nächste Album. Was auch immer es wird: Ich kann mit allen vier gut leben.