The Restarts: Uprising

Das sechste Album (zahllose Splits, Singles, EPs und Compilations nicht mitgerechnet) des Londoner Anarcho- und Streetpunk-Dreierpacks Restarts hat bei neben Freude auch Befürchtungen ausgelöst. Denn bisher haben mir fast alle Restarts-Alben ausnehmend gut gefallen. Lediglich „System Error“ von 2003 war mir etwas zu rockig. Da sie mit „A Sickess of the Mind“ (2013) meiner Meinung nach auf dem Höhepunkt ihres Schaffens angelangt waren, hatte ich ein bisschen Angst, der Nachfolger sechs Jahre später abstinken könnte. Und guten klassischen Hahnenkammpunk muss man ja derzeit eher mit der Lupe zwischen all den Retro-Metal-Epigonen, die gerade den Wave- und Post-Postpunktrend ablösen, suchen.

Meine Sorgen sollten unbegründet bleiben. „Uprising“ ist wieder mal ein Knaller, der der klassischen Elemente des Genres bedient, ohne unnötig die ausgelatschten Pfade nochmals abzutrotten und es dabei immer noch versteht, eine eigene Note zu haben.

Die üblichen Restarts-Ingredienzien, mit der sich die Band von anderen im Genre abhebt, sind wieder vorhanden. Wo andere Anarcho-Punk-Scheiben klingen, als würde jemand 30 Minuten lang einen alten Rasenmäher über einen Schotterplatz ziehen, darf man sich auch au „Uprising“ über die leichte poppige Note freuen. Offbeats und melodische Abwechslung verbunden mit erbarmungslosem Geknüppel und Kierans Kettensägen-Stimme heben in der Kombi die Band aus der Masse hervor.

Textlich hält sich die Waage aus klassischen anarchistisch-linken Themen und persönlichem, wobei in guter Tradition des Privaten, was Politisch ist, beides überlappt. Hörbar bemühen sich die Restarts, auf der Höhe der Zeit zu sein und mehr als die üblichen „Staat – Nation – Kapital = Scheiße“-Formen wiederzukäuen (wobei daran nix Falsches ist). Als Opener wird ausgerechnet die Davos-Rede von Greta Thunberg vertont. Angesichts dessen, dass die junge mutige Schwedin auch einigen Gemütlichkeitspunkern in ihren besten Jahren mit nicht zu hinterfragenden Standards ein schlechtes Gewissen bereitet (zumindest in diversen Facebook-Kommentaren), eine richtige Entscheidung. Des Weiteren geht es um Social Meda („Living A Lie“, was vor ewig langen 16 Jahren mit „Time Waster“ ebenfalls ein Thema der Restarts war), dem Verschwinden von Freiräumen („Shut Doors“) oder Fluchtbewegungen („A Dark Day In September“). „The One Percent“  ist dann eher die klassische Kapitalismuskritik und klingt nebenbei gesagt und glücklicherweise nach „Indepedentzia“, dem besten Lied vom Vorgänger-Album. „20 Years“ ist eine schöne Hymne für die, die auch im reiferen Alter immer noch Teil der Punkszene sind. Kierans queere Identität („Out and Proud“) ist auch wieder Thema. Mit „Uprising!“, ihrem Kommentar zum Nahost-Konflikt, werden sich die Restarts in diversen Plenas hierzulande noch für einige Diskussionen sorgen. „First World Problems“, „Black Dog“ und „The Fork“ sind die eher persönlichen Texte, während „New World Order“ nochmal eine Generalabrechnung mit allem darstellt.

Wer den Vorgänger „A Sickness of the Mind” mochte, macht auch mit „Uprising“ nix falsch. Die sechs Jahre Warten haben sich gelohnt. Jetzt noch hoffen, dass der Brexit-Deal ihnen im wahrsten Sinne des Wortes nicht die Tour vermasselt und mal sie häufig auch hierzulande auf der Bühne sieht.

Philipp