Pascow – Jade (lange Rezension)
Die Meisten von euch werden das „Jade“ Album von Pascow inzwischen gehört haben oder zumindest anhand der Videos einen Eindruck bekommen haben. Wir hatten in der Bombe #106 eine Rezension zum Album, hier kommt die ausführliche Version des Reviews von Moron Dan!
Nach dem Interview ist vor dem Review, oder so. Kurz vor Redaktionsschluss habe ich die neue PASCOW LP Jade eingeflogen bekommen und fühlte mich kurz so, wie um die Jahrtausendwende, als ich meine erste Boomfunk-MCs CD in den Händen hielt. Der erste Punkt geht somit schon mal an die Provinzcombo aus Gimbweiler. Weitere sollen folgen, aber alles step by step… Den Karton aufgerissen, halte ich das Teil nun in den Händen und mich glotzt die im Interview besprochene junge Frau mit Corpse-Paint an. Das Cover finde ich gut gelungen und trifft eben genau das, was die Band angepeilt hat. Nicht irgendein Black-Metal Abklatsch oder sowas, einfach eine Weiterführung des Stils. Zweiter Punkt eingesackt. Die Doppel-LP Super Duper Special Edition kommt mit 180 Gramm Pressungen um die Ecke, die in schwarzen Sleeves verpackt sind. DL-Code und 2 Sticker der Protagonistin Gwen gibt’s noch oben drauf. Was will man mehr? Genau! Eine 7-inch als Zugabe, mit einer alternativen Version des Songs „Unter Geiern“. Punkt 3! Das Booklet in LP-Größe ist schlicht gehalten und erfüllt seinen Zweck. Große Letter in angenehmer Schriftart. Vielen Dank dafür. Punkt 4. Nun geht’s aber ans Eingemachte. 12,5 neue Pascow-Songs, die 7-inch Version mitgezählt.
Prolog heißt der erste Titel der Platte und ist mit 31 Sekunden auch nicht viel mehr als die vom Klavier geführte Einleitung des Albums. Erinnert mich sofort an den Soundtrack der Lost Heimweh DVD der Band. Ist auch kein Wunder, dort wirkte Pianist Max Freytag ebenso mit und steuerte einen Song zur 10“ bei. Gelungener Anschluss an den letzten Output der Band also. Punkt 5.
Mit Silberblick & Scherenhände folgt dann auch gleich die erste Single-Auskopplung des Albums. Ein eher klassischer Pascow-Song, bis auf den Refrain, der von Frau Wolf mit eingesungen wurde. Ich finde das der Song eine unglaubliche Power hat und auch durch die wiederkehrenden Schreie aus Alex Goldkehlchen dem Ganzen den gewissen Nachdruck verleihen. Punkt 6 eingefahren.
Jade (der oder die; von chin. 玉 Yù) ist die Bezeichnung von Mineral-Gemengen, gebildet überwiegend aus Jadeit bzw. dem weicheren Nephrit, die in ganz spezieller Menge und Struktur auftreten müssen, um als der Schmuckstein Jade zu gelten. Ganz nebenbei ist das auch Song 3 der Platte und hätte wohl so auch auf „Diene der Party“ sein können. Wie Song 2 ein klassischer Pascow-Song der kein Blatt vor den Mund nimmt und mit geilen Gitarren und einem duften Schlusspart zu überzeugen weiß. Punkt Nummer 7 eingesackt, super Jungs!
Marie? Wer soll das sein? Ich weiß es nicht, aber der Alex wird’s schon wissen hoffentlich. Ein für Pascow-Verhältnisse sehr experimenteller Love-Song, der mich auch nach 20 Mal anhören nicht so wirklich packt. Lustigerweise bin ich froh, wenn dieser Song dem Ende zugeht, weil dann der nächste kommt UND weil der Schlussteil das Ding noch einigermaßen hinbiegt. Erinnert mich stark an irgendeinen Boxhamsters Song und das soll was heißen. Eher ein Song für „Kids in Schulbussen und besoffene Russen.“ Die haben aber heute keine Punkte zu vergeben leider.
Zugegebenermaßen ist mir nach Marie etwas bange geworden, was da jetzt als nächstes auf mich zukommt. Aber mit den ersten Noten von Kriegerin war die Angst dann auch schon wieder weg. Das ist wieder 100 % Pascow, wie man sie kennt und liebt. Für mich der beste Song der Platte. Ein ziemlich dicker Mittelfinger in Richtung Nestle und Co. Textlich kommt der Song, wie im Promo-Text von Rookie Records bereits angekündigt, ohne „kryptische Scheiße“ und unterstreicht die bekannte Haltung der Band gegenüber dem Großkonzern. Ein absolutes Brett! Punkt 8 eingesackt, mit freundlicher Hilfe von Gastsängerin Nadine Nevermore.
Die Backenzähne des Teufels stell ich mir irgendwie ekelhaft vor. Der kurze Instrumental-Füller passt dagegen ganz gut in die Platte. Etwas schmunzeln muss ich aber schon. Macht mal beim Anhören des Songs die Augen zu und stellt euch einen Cowboy auf seinem Pferd vor. Wenn die Band Glück hat, klopft ja Quentin Tarantino an und will das als Filmmusik. Sell Out! Watschn! Cooler kurzer Füller! Punkt 9!
Unter Geiern ist auch so mancher taffe Cowboy in einer beschissenen Lage. Zum Glück hat man heute auch im Wilden Westen W-LAN. Dann kann der gute zumindest diesen Song als seinen persönlichen Soundtrack zum Untergang hören. Eine richtig schöne Nummer, die absolutes Ohrwurmpotenzial hat und gleich mehrere Highlights hat. Der zweigeteilte Refrain mit Homage an die Altväter von CRASS ist mega dufte. Der Song klingt aus mit einem immer wiederkehrenden „Be Aggressive“ und Kirchenglocken. Stark! Der Cowboy reitet nun mit Punkt 10 unterm Sattel und einem neuen Ohrwurm in Richtung Sonnenuntergang. PS: Gastvocals von Nadine Nevermore.
Mit „Na dann, auf vier! Word!“ leitet Alex den Track Treck der Toten ein. Ein wieder eher klassischer Pascow-Song, der bis auf sein abruptes Ende (schöne Idee) nicht aus der Reihe tanzt. Punkt 11 und so.
Schmutzigrot ist dann die nächste Überraschung der Platte. Alex zeigt seine Gesangsqualität in einem Duett mit Wick van Houdt, das mich ab dem ersten Anhören an „Borne On The FM Waves Of The Heart“ von Against Me! erinnert. Sowas kann ganz schnell mal in die Hose gehen. Im Gegensatz zu Marie ist dieser Song jedoch ein Volltreffer! Wiederum ein Love-Song der jedoch sofort catched und dem Against Me! Song in nichts nachsteht. Hut ab! Da gibt’s nen Extra Punkt. Somit sind wir bei 13. Geil, oder?
Heute Jäger, Morgen Taucher wird im Booklet auch als Erwachen Part II bezeichnet. Kann man so unterschreiben, gleiche Thematik wie der Song der Vorgängerplatte und für mich neben Kriegerin das zweite Highlight der Platte. Neben einem duften Solo von Swen gibt’s eine direkte Ansage Richtung Wutbürger und einen Denkanstoß, dass man möglicherweise nicht immer am längeren Hebel, bzw. auf der „richtigen“ Seite des Meeres sitzt. +1 Punkt.
Sturm, der durch Erlen zieht ist als vorletzter Song der Platte wieder im klassischen Pascow-Stil und hätte wohl auch auf den ersten drei Alben der Band sein können. Textlich erinnerts auch an den All-Time-Hit „Trampen nach Norden“ und passt somit auch mit meiner Verbindung zu den alten Alben ganz gut zusammen. Classy, Punkt verdient!
Wunderkind ist seines Zeichens die zweite Single-Auskopplung und wohl für viele, die das Album bei Veröffentlichung noch nicht in den Händen hielten, eine echte Überraschung. Wunderkind ist eine sehr ruhige, nachdenkliche Nummer. Die Fingerarbeit am Klavier steuert wieder Max Freytag bei und die Gitarre ein gewisser Herr Kurt Santana. Alex zeigt sich hier wiederum von seiner stimmlichen Schokiseite. Ein perfekter Abschluss für ein super Album! 16 Punkte für Deutschland!
Unter Geiern Part 2 auf der beiliegenden seven-inch ist eigentlich der Song vom Album mit einem etwas anderen Refrain. Nothing special, aber eine echt schöne Überraschung und feine Idee. Merci dafür. Fleißpunkt! 17!
Und nun? Bin ich auch schon durch und mein anfängliches mittelgroßes Fragezeichen über dem Kopf wird bei jedem Anhören etwas kleiner und weicht einem Ausrufezeichen. Pascow gehen den nächsten Schritt und bleiben sich trotzdem treu. Man setzt auf Altbewährtes und scheut sich nicht auch mal was Neues auszuprobieren. Ich find`s gut. Das Album im Ganzen ist, by the way, gespickt von zweistimmigen Gitarren und treibenden Bass-Lines. Hätte ich bei mindestens der Hälfte der Songs auch hinschreiben können, aber macht halt wenig Sinn. Allgemein kommt das Album etwas langsamer um die Ecke als die Vorgängerscheiben, hat aber dafür einige große besonders druckvolle Momente und ein perfektes Maß an Härte. Progress eben, das passt! Die Produktion von Kurt Ebelhäuser ist, wie bereits bei den letzten beiden Alben, erste Sahne und passt wie Arsch auf Eimer zu Pascow.
17 Punkte! Das ist doch krass oder? Für den Eurovision-Song Contest wird’s trotzdem nicht reichen und das ist gut so. Was ich mit den Punkten bezwecken wollte, weiß ich nicht und das ist auch gut so. Auf jeden Fall Danke für ein frisches und abwechslungsreiches Album. Pascow war, ist und bleibt ein „Golden Ponyboy“ der deutschen Szene. Pascow waren, sind und bleiben hoffentlich Flo, Swen, Ollo und Alex. -Moron Dan-